Walter Gropius – Der Vater des Bauhauses hat Geburtstag

Walter Gropius - Der Vater des Bauhauses hat Geburtstag

Am 18.05. ist der Geburtstag des Bauhaus-Vaters Walter Gropius

Von unserem Guide Bettina Güldner
wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bauhaus Archivs
Dozentin an verschiedenen Universitäten

 

Walter Gropius zum Geburtstag: 18. Mai 1883 Berlin – 5. Juli 1969 Boston/Mass - ein Jubilar durch die Brille der Berliner Stadtgeschichte betrachtet

Wer kennt nicht diese Bezeichnungen in Berlin: Gropiusstadt, Gropius Passagen, Gropius-Schule, Gropiuswohnen, Gropius Bau, Gropiusstraße? Der Name Gropius ist für Berliner ein vertrauter Begriff und scheinbar allgegenwärtig. Auch ohne eine genaue Vorstellung von einer der legendärsten Künstlerfamilien der Stadt zu besitzen, bietet der Familienname tägliche Orientierung im Stadtbild. Doch ist das auch mit einer sichtbaren Leistung verbunden?

 

Gropiusstadt

Für unseren Jubilar, Walter Gropius, Architekt, Hochschullehrer und Begründer des Bauhaus/Staatliche Schule für Gestaltung trifft das hinsichtlich der ursprünglichen Planung von 1960 mit neuen Formen des Wohnens und Lernens für die Großsiedlung BBR/Britz-Buckow-Rudow zu. 1972 wurde sie zu seinen Ehren in Gropiusstadt umbenannt. Erst später dekorierte man mit diesem Personennamen auch kommerzielle Einrichtungen, eine Einkaufspassage sowie eine Immobilienfirma.

Der GropiusBau verweist auf ein Kapitel der familiären Vorgeschichte, die heute an der Stresemannstraße namensgebend für ein internationales Ausstellungshaus zu finden ist. Der Entwurf für das ehemalige Kunstgewerbemuseum geht auf Walters Großonkel, Martin Gropius, zurück. Am Gesundbrunnen wurde diesem einflußreichen Architekten des 19. Jahrhunderts eine der Berliner Straßen gewidmet, eine andere, in Hohenschönhausen, verweist auf einen sozialen Zusammenhang, der das Wirken von Walters Mutter, Manon, würdigt. Durch Politik, Unternehmertum, Architektur und Kunst beeinflußten bereits Walters Vorfahren das Berliner Kulturleben. Wir haben es bei Walter Gropius also mit einer „echten Berliner Pflanze“ zu tun, die ihre berufliche Entfaltung tatsächlich eng mit der Großstadtwerdung dieser Stadt verknüpft hat. Einige Stationen davon seien hier skizziert.

 

Ausbildung bei Peter Behrens

Sein Architekturstudium nahm er in München und Berlin (1903-1907) auf und vollendete es frühzeitig durch praktische Erfahrungen in Entwurf und Konstruktion kleinerer Bauaufträge. Eine Assistenzstelle bis 1910 im Büro von Peter Behrens war Gropius´ erste Berliner Wegmarke, wo es Allen um nichts weniger als die Entwicklung einer neuen Architekturform ging. Einer seiner mitstreitenden Kollegen war dort bereits Ludwig Mies van der Rohe.

Bis zur Eröffnung des Staatlichen Bauhaus in Weimar April 1919 richtete sich Gropius zunächst in Berlin in einem konventionellen Architektenleben ein: 1911 Büro für Architektur und Inneneinrichtung mit Adolf Meyer, das 1914 wegbereitende Bauten für das Faguswerk in Alfeld als auch Musterfabrik und Bürogebäude auf der Werkbund Ausstellung Köln ablieferte, 1915 folgte die Familiengründung mit Alma Mahler. Auch die formalen Probleme in Jedermanns Alltag, die heute gemeinhin als Designaufgabe bezeichnet werden, finden schon früh in Gropius´ Werk Einzug. Das zeitgemäße Erscheinungsbild von Möbeln, Typographie, Fahrzeugen und Haushaltsgeräten sind Teil seiner architektonischen Verantwortung, die er über Jahrzehnte hinweg in immer wieder neuen Ansätzen an einer ernsthaften Betrachtung und Produktion ausübt.

Die Rolle des Direktors einer Gestaltungsschule neuer Art erforderte pädagogisch und diplomatisch handelndes sowie theoretisch vorausschauendes Geschick, das ihn zu einem der führenden Köpfe im Kunstleben der Weimarer Republik werden ließ. Von Weimar, Dessau und später wieder Berlin aus blieb er Teil des zeitgenössisch internationalen Kunstbetriebs der Nachkriegszeit. Er verstand es, seine gestalterische Überzeugung auf ein vernunftorientiertes Handeln zu Gunsten einer demokratisch selbstbewußten Gesellschaft in gesunden Lebensverhältnissen auszurichten.

Bis zu seinem Weggang aus Deutschland setzte sich Gropius mit unterschiedlichem Erfolg für architektonische Projekte ein, die zeitaktuell eine ästhetische Antwort auf die drängenden sozialen Fragen sein sollten: Das helle, warme und bezahlbare Wohnen als Mindeststandard durchzusetzen und dabei auf die Entwicklung neuer Bautechnologie zu vertrauen, waren sein Hauptinteresse. Um das Jahr 1922 ergaben sich für Gropius und Meyer maßgebliche Aufträge, mit denen sie ihre Vorstellungen der Öffentlichkeit zeigen konnten. In Berlin wurde zunächst Zehlendorf zu einer Art Modellbauplatz, wo mithilfe des klassischen Privatklientels verschiedene Formen des modernen Einzelwohnhauses erprobt werden konnten.

 

Haus Sommerfeld

Eine Sonderstellung nimmt dabei das legendäre Haus Sommerfeld in Lichterfelde ein, dessen Idee zu Entwurf und Bauausführung die projektorientierte Zusammenarbeit mit den Werkstätten des Bauhauses förderte. Die Schüler erlernten gemeinsames Handeln am realen Vorgang. In Weimar fiel Walter Gropius´eigenes Wirken neben künstlerischen Arbeiten im Stadtgebiet vorwiegend durch das gemeinschaftliche Großexperiment Bauhausausstellung, nicht uneingeschränkt positiv, auf.

Für Auftraggeber aus Jena, Hannover, Gronau, Bad Liebenstein und Erlangen dagegen realisierte Gropius bemerkenswerte Gebäude oder schlug sie nur vor, so wie in dieser frühen Schaffensperiode sein erster Hochhausentwurf für den Chicago Tribune Tower als legendärer Wettbewerbsbeitrag überliefert ist. Der Sehnsuchtsort für die junge Architektengeneration waren längst die U.S.A. Im nervösen deutschen Baugeschehen der Zwanziger und Dreißiger Jahre bedeuteten die Städte Weimar, Dessau und Berlin für Walter Gropius steinige Etappen, auf denen er gegen viele Widerstände für seine Überzeugungen Gehör und Finanzierung einwerben mußte. Sein persönliches Leben nahm 1923 mit der Heirat Ilse (Ise) Franks eine beruhigende und befruchtende Wende.

 

Wirken in Dessau und Stuttgart

Die ersten internationalen Resonanzen erwarb er sich von Dessau und Stuttgart aus. 1925-28 modernisierte er im Auftrag der öffentlichen Hand das Stadtbild Dessaus, das (bis zum Weggang der Schule 1932 nach Berlin in Nachfolge unter Hannes Meyer und Mies van der Rohe) ungefähr 15 sichtbare Bauten und Innenumbauten als Hinterlassenschaft des Hochschulunterrichts am Bauhaus erhalten hatte. In Walter Gropius´ Beteiligungen an der Werkbundsiedlung Stuttgart 1927 und der Großsiedlung Siemensstadt 1929/30 sowie dem Grundentwurf für die Siedlung Karlsruhe-Dammerstock 1928/29 kann man sowohl einen Fortschritt in seinem eigenen Engagement für den sozialen Wohnungsbau als auch einen baupoli-tischen Durchbruch für das Neuen Bauen in der Republik erkennen.

 

Vor dem Kreig zurück nach Berlin

1928 zog Gropius nach Berlin zurück. Die Rolle des Bauhausdirektors tauschte er wieder gegen den Status des völlig freien Architekten ein. Das neue Büro gab er schon 1935 auf, um endgültig über London nach Boston/ U.S.A. zu emigrieren. Der Ruf aus Harvard garantierte ihm den Rest seines Lebens Ansehen und Einkommen als Hochschullehrer.

Zwischenzeitlich bot das Baugeschehen im Deutschen Reich Anlaß, noch einmal eigene Akzente zu setzen. Dazu gehörten republikweit Beiträge zu Ausstellungen (auch im Ausland), verschiedene Siedlungsprojekte, Wettbewerbe für Repräsentationsbauten (auch im Ausland), weitere Schulentwürfe, Einzelwohnhäuser und besonders die Weiterentwicklung von Hausprototypen, besonders aus modernen Baustoffen wie bspw. Kupfer. Nur Weniges davon wurde umgesetzt oder blieb sogar in Berlin erhalten wie die Häuser Lewin und Maurer in Zehlendorf.

 

Walter Gropius weltweit

The Architects Collaborative/TAC 1946 - mit ihnen verankerte er den ursprünglich europäisch begründeten Gedanken des Neuen Bauens Schritt für Schritt in der internationalen Baumoderne der zweiten Nachkriegszeit ab 1945. Als Berater weltweit durch Vorträge und Entwurfsbeteiligungen von Konzernen und Großstädten in den U.S.A. bis nach Griechenland, Mexico, Irak, Japan und China gefragt, verfestigte sich sein Ruf als Städteplaner und Theoretiker. Doch die größte Genugtuung dürfte ihm die Beratertätigkeit für die Demokratisierung und Modernisierung des zerstörten Deutschlands und seiner Heimatstadt Berlin gewesen sein.

 

Nach dem Krieg zurück in Berlin

Seit 1947 setzte sich Gropius, selbst Amerikaner, im Auftrag der amerikanischen Besatzungsmacht mit den deutschen Verhältnissen auseinander. Die Kontaktaufnahme mit der Alten Welt sicherte ihm Begegnungen mit alten Freunden, auch Bauhäuslern, mit denen er ständig im Kontakt geblieben war, und es kamen neue Aufträge aus westdeutschen Gemeinden. Der Senat von Berlin zeigte sich mit mehreren großen Vorhaben erkenntlich: 1955 Wohnbauplanungen für Kreuzberg, die Einladung zur Teilnahme an der INTERBAU 1957 sowie ab 1960 Neuköllns Großplanung für eine Siedlung in Erweiterung der Hufeisensiedlung von Bruno Taut (s.o.) und 1968 die Übernahme der Planung des Bauhaus-Archiv aus Darmstadt.

Die Anerkennung der architektonischen Leistung Walter Gropius´unterliegt starken historischen Schwankungen, seine persönliche Leistung in allgemein kreativer Hinsicht ist in der Aussage seiner Schülerin, der Weberin Benita Koch-Otte verbrieft. 1968 schrieb sie an ihre ehemalige Kommilitonin Gunta Stölzl:

„Das Echte, Wachstümliche, Zukunftsfrohe liegt eben im Keim. Auch in der richtigen Pflanzzeit....Das ist wohl das, was man Gropius am meisten zu danken hat, meinst du nicht auch? Deshalb blieb es einmalig, war nicht zu imitieren – konnte aber als Beispiel weiterwirken....“

Weimar und Dessau sah Gropius nie wieder.

„Die Gegenwart verlangte seine Präsenz“
(Reginald Isaacs, 1984)

 

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